Grußworte des polnischen Außenministers Radosław Sikorski
an die Teilnehmer der zehnten Ausgabe
des Kammermusikfestivals Krzyżowa-Music
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist mir eine besondere Ehre, gemeinsam mit der Außenministerin der Bundesrepublik Deutschland, Frau Annalena Baerbock, die Schirmherrschaft für die 10. Jubiläumsausgabe des Internationalen Kammermusikfestivals „Krzyżowa-Music. Musik für Europa“ zu übernehmen.
Kreisau ist ein symbolträchtiger Ort. Die Versöhnungsmesse vor knapp 35 Jahren an diesem Ort eröffnete eine neue Phase der deutsch-polnischen Beziehungen. Die von Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki und Bundeskanzler Helmut Kohl getätigte Friedensgeste wurde zu einem Symbol der Versöhnung zwischen unseren beiden Völkern und der Veränderungen, die sich damals in Europa vollzogen.
Zuvor hatten die polnischen Bischöfe mit ihrem Brief an die deutschen Bischöfe im Jahr 1965 den ersten Schritt auf diesem Weg getan, der die bedeutsame Botschaft enthielt: „Wir vergeben und bitten um Vergebung“. An dieser Stelle lohnt es sich auch, an die noch immer aktuellen Worte des ehemaligen polnischen Chefdiplomaten Professor Władysław Bartoszewski zu erinnern, die er anlässlich des 50. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs im Deutschen Bundestag sprach: „Das Gedenken und die historische Reflexion müssen unsere Beziehungen begleiten. Sie sollten dafür jedoch nicht Hauptmotivation sein, sondern den Weg bereiten für die gegenwärtigen und in die Zukunft gerichteten Motivationen.“ Dies ist der Geist, in dem wir heute angesichts der aktuellen Herausforderungen für Frieden und Sicherheit in Europa handeln sollten.
Die Erinnerung an die tragischen Lehren der jüngsten Geschichte verpflichtet uns, dafür zu sorgen, dass sie sich nicht wiederholen. Versöhnung ist kein einfacher Prozess – sie muss auf Verständnis für die Befindlichkeiten des anderen, Respekt für den Partner und gutem Willen beruhen. Und sie beginnt immer mit einem Symbol. In unseren Beziehungen zu Deutschland war die Versöhnungsmesse zweifelsohne ein solches Symbol. Ich glaube, dass die bestehenden offenen Themen zwischen unseren Ländern, einschließlich historischer Fragen, gemeinsam im Geiste des Kompromisses und des gegenseitigen Verständnisses gelöst werden können.
Worte können spalten, aber Musik kann verbinden. Das Festival „Krzyżowa-Music. Musik für Europa“ bietet dem Publikum nicht nur ein künstlerisches Erlebnis, sondern schafft auch eine Gelegenheit für junge, talentierte Musiker, Erfahrungen auszutauschen und ihre Fertigkeiten bei Instrumentalworkshops zu erweitern. Die Begegnungsstätte realisiert zudem ein vom polnischen Außenministerium unterstütztes Projekt der Stiftung Kreisau „Vom Konflikt zur Versöhnung. Polen und sein Verhältnis zu Deutschland 1939–1989“. Ich bin überzeugt, dass diese Initiative der jungen Generation von Polen und Deutschen helfen wird, unsere schwierige Geschichte besser zu verstehen.
Ich möchte Ihnen allen, die Sie sich für die Arbeit der Stiftung Kreisau engagieren, für Ihren unermüdlichen Einsatz für die europäische Einigung und Ihren unschätzbaren Beitrag zur Vertrauensbildung zwischen unseren Nationen danken. Ihre Arbeit ist eine Inspiration für die weitere freundschaftliche Zusammenarbeit in unserem Teil Europas.
Kreisau ist heute ein symbolträchtiges Zentrum für internationale Begegnungen, Jugendaustausch und kulturelle Veranstaltungen. Hier sind die deutsch-polnische Geschichte und Gegenwart miteinander verbunden.
Ich wünsche Ihnen unvergessliche Eindrücke während der diesjährigen Jubiläumsausgabe des Internationalen Kammermusikfestivals.
Radosław Sikorski
Minister für Auswärtige Angelegenheiten